Hallo Marc, vielen Dank das du uns heute für ein Gespräch zu Verfügung stehst. Für all unsere Leser die dich noch nicht kennen, magst du dich einmal vorstellen? Wer bist du und was machst du? Ich bin Geschäftsführer der gofeminin.de GmbH. Wir betreuen zwei der reichweitenstärksten Onlinemagazine für die weibliche Zielgruppe: das Online-Frauenmagazin gofeminin und das Gesundheitsportal Onmeda. Anfang des Jahres haben wir außerdem Content Contessa ins Leben gerufen, ein Content Studio, mit dem wir unsere Publisherexpertise bei der Erstellung von Content an Brands weitergeben und für Marken eigene Contentportale betreuen.

2. „Print is dead“ wird ja zum geflügelten Wort. Wie siehst du das als Entscheider bei einem rein digitalen Publisher?
Ich glaube nicht, dass Print tot ist, aber es bekommt eine andere Bedeutung. Die Reichweite geht stark zurück, es entwickelt sich vom Massen- zum Nischenprodukt. Print ist nice to have, wenn man Marketingbudget übrig hat, es ist gut fürs Branding, Umsätze werden aber online generiert, die Reichweite ist größer, der Klick zum Onlineshop einfacher. Außerdem können Onlinemagazine viel schneller auf die Ansprüche von Usern und Kunden reagieren, einen Artikel oder eine Anzeige bei Bedarf optimieren, das ist bei Print ja gar nicht möglich.

3. Wäre ein eigenes Printmagazin für euch vorstellbar? Ihr habt eine gute Marke und auch Content in rauen Mengen, oder?
Tatsächlich hatten wir überlegt, zu unserem 15jährigen Jubiläum einmalig ein Printmagazin rauszubringen. Am Ende haben wir uns aber dagegen entschieden, weil es einfach nicht unserer DNA entspricht und wir auch keinen Mehrwert darin gesehen haben. Es wäre eine nette Marketingaktion gewesen, aber unser Ziel Frauen in allen Lebenssituationen, zu jeder Zeit erreichen zu können, hätte die Aktion verfehlt. Wir sind online einer der erfolgreichsten Player in Deutschland und mit unserem Netzwerk international Teil des größten Publishers für die weibliche Zielgruppe. Wir setzen lieber auf unsere Stärken und optimieren unsere Angebote als aus Prestigegründen Print auszuprobieren.

4. „We are more than just a publisher, we create communities“ Ihr seid auch ein Forum und bietet eine Plattform für den Austausch unter Frauen. Hier entsteht viel User generated Content. Welche Themen funktionieren am besten bei den Usern? Wie kann man das ggfs. in Richtung besser vermarktbaren Contents steuern?
In unserem Forum und auf unseren Social Media Kanälen tauschen sich täglich Frauen zu allen möglichen Themen aus, die sie interessieren. Allein in unserem Forum werden täglich über 5.000 Beiträge von Usern verfasst. Eine unserer aktivsten Usergruppen sind die „digital mums“, sie tauschen sich bei uns über Themen zur Schwangerschaft und Muttersein aus, nehmen an Umfragen teil und probieren neue Produkte aus. Das ist für uns und unsere Werbekunden eine sehr wertvolle Zielgruppe, um Insights und WOM zu generieren.

5. Ihr veröffentlicht nach eigener Aussage 15x mehr Beiträge als ein klassisches Print Magazin. Wie schafft ihr es bei dieser Menge die Qualität aufrecht zu halten, ohne dass euch die Kosten explodieren?
Das Online-Geschäft ist schnelllebiger, deshalb lässt sich ein Online-Magazin nicht zu 100% mit dem Print-Magazinen vergleichen. Ein langer Print-Artikel wird online womöglich gar nicht funktionieren. Kürzere Artikel lassen sich dementsprechend schneller produzieren. Trotzdem sollte darunter nie die Qualität leiden. Auch ein kürzerer Artikel muss dem User einen Mehrwert bieten. Am Ende hängt hier der Erfolg von zwei Faktoren ab: Einer klaren redaktionellen Strategie und einem starken Redaktionsteam. Wir haben eine klare Brandvoice, unsere Redakteurinnen schreiben nicht nur, sondern leben die Marke gofeminin und wofür sie steht. Gleichzeitig leben wir eine enge Verzahnung aller Abteilungen und ständigen Austausch, um die Qualität unserer Inhalte zu sichern. Auch das tägliche Analysieren bestehender Artikel hilft uns dabei, die richtigen Inhalte für unsere Zielgruppe zu finden und eine gleichbleibend gute Qualität zu gewährleisten.

6. Wie habt ihr es geschafft, echte Kundenbeziehungen aufbauen? Hilft euch eine starke Marke, unabhängiger von Google und Facebook zu sein?
Natürlich schadet es nicht, als Marke bekannt zu sein, trotzdem ist klar: Die meisten Einstiege kommen über Google. Eine starke SEO Power zu haben und zu wissen, wie man Content effektiv distribuiert ist unabdingbar für den Erfolg. Wenn man nach Frauen- und Gesundheitsthemen sucht, gelangt man ziemlich schnell zu unseren Portalen. Auch bei Pinterest sind wir zu allen dort relevanten Themen präsent – auch das stärkt unsere Marke und die Userbindung, überall dort mit richtig gutem Content präsent zu sein, wo Frauen nach Informationen und Unterhaltung suchen.

7. Laut Similar Web ist eure Reichweite auf hohem Niveau sehr stabil bzw. sogar leicht steigend. Wie schafft man es ohne Maßnahmen wie clickbait vom User „gehört“ zu werden und noch weiter zu wachsen?
Der organische Traffic geht zurück, für jeden. Jeder der publisht muss sich überlegen, wie er Traffic generiert. Für uns spielt hier Social Media eine wichtige Rolle. Wir optimieren und erstellen Content, der gut auf Social Media Kanälen funktioniert und uns Traffic bringt, wir reagieren schnell und können trending Topics aufgreifen. Hier ist vor allem Pinterest unser Zugpferd, mittlerweile bekommen wir über 30% unseres Traffics über Pinterest und werden bei Pinterest als Publisher Best Case vorgestellt. Anstatt uns über den Rückgang von organischem Traffic zu beschweren, analysieren wir das veränderte Userverhalten, optimieren unsere Inhalte, bleiben der Qualität unserer Inhalte treu und versuchen durch neue Distributionskanäle User dort abzuholen, wo sie sich aufhalten und auf uns aufmerksam werden.

8. Gibt es in eurem Geschäftsmodell neben digital Advertising weitere Umsatzsäulen? Welche Rolle in Bezug auf den Umsatz spielen Content Marketing und Native Advertising bei euch?
So wie der Markt, entwickeln auch wir uns stetig weiter, um den Bedürfnissen von Usern und Kunden gerecht zu werden und weiterhin erfolgreich zu den Top Online-Publishern in Deutschland zu gehören.
Content Marketing und damit auch Native Advertising sind wichtige Säulen unserer Umsatzstrategie, weswegen wir mit Content Contessa auch eine eigene Unit gegründet haben. Die Art wie User angesprochen werden wollen ändert sich und damit auch die Art wie Marken kommunizieren müssen. Wir sehen den Bedarf im Markt, Content wird immer wichtiger, Marken bauen eigene Content-Portale auf. Hier können wir mit unserer tiefgreifenden Expertise Marken dabei helfen, erfolgreich und authentisch mit ihren Zielgruppen zu kommunizieren und eine vertrauensvolle Markenbeziehung aufzubauen.

9. Unabhängig von gofeminin, würdest du sagen, insbesondere Content Marketing stellt eine Gefahr für die Glaubwürdigkeit des Journalismus dar?
Ich glaube mittlerweile weiß jeder Publisher, dass nicht die ordentliche und gut sichtbare Kennzeichnung das Problem ist. Viel problematischer ist es, wenn User sich hinters Licht geführt fühlen. Solange eine ordentliche Kennzeichnung stattfindet, sehe ich da kein Problem.
Klar ist, User fühlen sich durch Pop-Ups und interruptive Werbung immer mehr gestört, sie erwarten für sie relevante Informationen qualitativ hochwertig und informativ aufbereitet. Content Marketing ist keine Gefahr, es ist eine Chance, Menschen und Marken zusammenzubringen und die Kommunikation zu fördern. Publisher haben hier die Verantwortung authentisch, direkt und transparent eine Plattform hierfür zu bieten, ohne ihre eigene Stimme zu verlieren. Und gerade das ist doch das spannende für Marken und User: echtes Storytelling anstatt Pressetexte.