Lieber Thomas, vielen Dank, dass du uns heute hier für ein Interview zur Verfügung stehst. Viele unserer Leser kennen dich. Du bist ja quasi ein bunter Hund, der seit Jahren sehr erfolgreich im digitalen Business unterwegs ist und Erfahrungen im Online Marketing und im digitalem Publishing gesammelt hat. Mittlerweile machst du mit der d3con und dem Online-Karrieretag sogar Offline-Veranstaltungen für Online-Businesses. Habe ich etwas vergessen?

Momentan sind d3con und Online-Karrieretag schon meine Hauptthemen, aber daneben machen wir noch OnlineMarketing.de und die Spielmacher Konferenz, die größte deutsche Fachkonferenz für die Fußball-Branche.

Thomas Promny – d3con

2. Im Rahmen deiner d3con setzt ihr euch sehr intensiv mit dem Thema Programmatic Advertising auseinander. Was glaubst du, haben die klassischen Portfoliovermarkter Stand heute überhaupt noch eine Daseinsberechtigung? Und falls ja, wird es auch langfristig so bleiben?

In Nischen wird es bestimmt noch länger auch Vermarkter geben, die mit relativ klassischen Geschäftsmodellen funktionieren.
Andere entwickeln sich weiter, werden selbst technologielastiger oder finden in anderen Bereichen neue Geschäftsmodelle.

3. Jeder Publisher sollte natürlich verstehen, wie Programmatic Advertising funktioniert. Aber das optimale Set-Up zu finden fällt vielen Publishern trotzdem durchaus schwer. Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten drei Punkte, die ein Publisher dringend beachten muss, um den Traffic möglichst hochpreisig zu verkaufen und gleichzeitig eine im Tagesgeschäft handhabbare Lösung am Start zu haben?

Strategisch wiederholen manche Publisher auch im Programmatic-Bereich Fehler, die sie auch schon vor 15 Jahren gemacht haben: Sich von einem Vermarktungspartner abhängig zu machen, sollte nur in Frage kommen, wenn dieser wirklich hohe Garantien zahlt.
Genauso gilt es heute für den SSP-Partner – hier verschenken viele Publisher Geld, weil sie nicht in ausreichendem Maß die verschiedenen Player um ihr Inventar konkurrieren lassen.

4. Wenn man beim Thema Programmatic Advertising ist, kommt sehr schnell auch das Thema Adblocker auf. Wie siehst du die Entwicklung hier? Können Display Ads überhaupt noch langfristig signifikant zum Umsatz eines Publishers beitragen?

Davon bin ich überzeugt, dass es Display immer geben wird, auch wenn der relative Anteil am Online-Werbemarkt bestimmt noch etwas weiter sinken wird. Mit Search und Social sind hier in den letzten Jahren einfach starke Wettbewerber um die Werbe-Euros entstanden. Aber trotzdem wird es sicher auch in Zukunft auch einen signifikanten Markt für Display-Werbung geben. Warum auch nicht, so lange sie funktioniert? Das Adblocker-Thema ist ja auch glücklicherweise kein Wachstumsmarkt mehr.

5. Mit  Paid Content scheinen sich deutsche Publisher schwer zu tun. Wie ist deine Einschätzung dazu? Wird Paid Content langfristig dazu beitragen können, zum Beispiel Qualitätsjournalismus nachhaltig zu finanzieren?

Ja, ich denke, dass ein Spotify-ähnliches Flatrate-Modell sich irgendwann durchsetzen wird. Ich würde nur nicht drauf wetten wollen, wer derjenige sein wird, der es schafft, das umzusetzen. Noch sehe ich keinen, der auch nur halbwegs auf dem richtigen Weg ist.
Ich sehe zu dem Modell aber keine Alternative. Die Transaktionskosten, um für 49 Cents irgendeinen Artikel zu lesen, sind einfach zu hoch.

6. Was sind deiner Meinung nach die aktuell spannendsten Erlösquellen, die sich ein B2C Publisher erschließen sollte? Könnte es zum Beispiel Sinn machen, verstärkt in das Veranstaltungsgeschäft zu investieren?

Veranstaltungen können für manche bestimmt die richtige Richtung sein. Immerhin scheint es ja vielen Menschen sehr viel leichter zu fallen, für derartige Produkte Geld auszugeben als für digitale Güter.
Daneben sehe ich noch sehr viel Potenzial in der Patreon-Idee. Vielleicht gelingt es auch noch einer deutschen Plattform, etwas ähnliches zu etablieren.

7. Was hältst du davon, wenn Verlage sich vom content-nahen Geschäft entfernen und zum Beispiel in eCommerce investieren?

Als Unternehmer kann ich das verstehen. Wenn man merkt, dass man ein totes Pferd reitet, soll man ja bekanntlich absteigen. Und wenn man anstatt des toten Pferdes ein tolles Auto findet, das man „reiten“ kann – warum sollte man das nicht tun?
Aber natürlich stellt sich in der Praxis häufig die Frage, ob Verlage mit ihren Unternehmenskulturen, ihrem Management und ihrem Know-How wirklich schöne Autos finden oder am Ende doch eher halbtote Esel und Kamele reiten, die es auch nicht mehr so lange machen.

8. Ohne wenn und aber kann man sicherlich sagen, dass Publishing heute ein deutlich technologielastigeres Geschäft ist als noch vor ein paar Jahren. Welchen Impact hat das auf die Mitarbeiterstruktur? Müsste es hier nicht massive Umbrüche geben?

Soweit ich das erkennen kann, ist dieser Umbruch ja schon lange im Gange. In den 80ern gab es ja überhaupt keine Informatiker in einem Verlagshaus.
Heute sind davon ja doch überall so einige zu finden. Trotzdem merkt man natürlich noch vielen Publishern an, dass sie eigentlich aus einer anderen Welt kommen.

9. Mitarbeiter mit digitaler Kompetenz zu rekrutieren und langfristig zu binden ist ja nicht nur für die Publisher eine Herausforderung. Welchen Rat würdest du den Publishern hier geben wollen? Zusätzlich zur obligatorischen Präsenz beim Online-Karrieretag natürlich… 🙂

Die Machtverhältnisse im Arbeitsmarkt haben sich ziemlich grundsätzlich gedreht: Als es noch Arbeitslosigkeit gab, konnten Unternehmen auch für wenig attraktive Positionen einigermaßen gute Mitarbeiter finden. Ich denke, diese Zeiten kommen so schnell nicht wieder.
Employer Branding und wirklich interessante Umfelder zu schaffen, in denen Menschen wirklich gern arbeiten, das ist wohl die Herausforderung der Zukunft.

10. Lass uns zum Abschluss noch etwas weiter vorausschauen. Wird Unterscheidung der Medienhäuser in Verlage, TV Sender, reine Online Player und meinetwegen Radiosender Bestand haben? Oder wird das Internet nicht dafür sorgen, dass Anbieter von Content überall dabei sein müssen, von der Website über den Youtube Kanal bis zum Podcast?

Würde ich nicht allgemein so sagen. Es gibt bestimmt auch einfach Formate, die nur auf YouTube aber nicht im Radio oder in der Zeitschrift Sinn machen, weil man sie als Bewegtbild sehen statt hören oder lesen muss. Aber natürlich wird es für viele Content-Marken auch sinnvoll sein, viele der Plattformen zu bespielen.

Thomas, vielen Dank für dein Interview!