Hallo Pia, vielen Dank das du uns heute für ein Gespräch zu
Verfügung stehst. Für all unsere Leser, die dich noch nicht kennen,
magst du dich einmal vorstellen? Wer bist du und was machst du?
Das frage ich mich auch oft. Aber wenn man es einfach halten möchte: ich bin Pia, Mitgründerin von Opinary, und Opinary ist ein Team von 50 Menschen, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Usern in Online-Content eine einfache Möglichkeit zu geben, ihre Meinung zu äußern.
2. Du bist von der Journalistin zur Unternehmerin geworden. Wie
unterschiedlich sind diesen beiden Welten?
 Schon sehr unterschiedlich: Bevor ich mehr in der redaktionellen Produktentwicklung gearbeitet habe, ging es im klassischen Journalismus für mich darum, Geschichten darüber zu erzählen, was da draußen so passiert. Als Unternehmerin geht es darum, zu gestalten. Als Journalistin wird einem ein kritischer Blick antrainiert, um Sachen zu hinterfragen. Als Unternehmerin geht es darum, die eigenen Fragezeichen runterzuschlucken und einfach zu machen.

Pia Frey im Interview mit der Publisher Business Conference

3. Sollten Journalisten möglichst unternehmerisch denken oder würde das den freien Journalismus zerstören?
In der Journalistenschule habe ich mich immer gewundert, dass eine unbefristete Festanstellung so als Nonplusultra gesehen wurde. Das macht vor allem für viele junge Journalisten/ Journalistinnen den Blick auf den Reichtum ihrer Möglichkeiten etwas eng und bringt sie dazu, extrem unvorteilhafte Vertragskonditionen zu akzeptieren. Ich glaube, dass ein unternehmerischer Blick auf das eigene Können hilft, sich selber nicht unter Wert zu verkaufen und Gas zu geben, seinen Erfahrungshorizont und Marktwert zu verbessern.
4. Wie können Publisher in der schnellen Welt des Internets wieder echte Kundenbeziehungen aufbauen? Helft ihr mit Opinary dabei?
Echte Beziehungen baut man im Dialog auf, da unterscheiden sich virtuelle Kundenbeziehungen nicht groß von analogen Beziehungen im „echten Leben“. Die digitalen Mittel sind nur etwas anders, aber für alle Beziehungen gilt, dass sich eine Vertrauensebene und Loyalität in der Regel über längere Zeit aufbaut. In der Dating-Welt heißt das zum Beispiel, dass man beim ersten Tinder-Date in der Regel nicht den Verlobungsring auspackt.  Genauso fordert man einen „first time user“ auch nicht zum Abschluss eines Abos auf. Und Beziehungen sind dialog-getrieben. Genau da setzt auch Opinary an. Mit Opinary können Verlage und Unternehmen mit Nutzern in Austausch treten und mit relevanten Fragen in passendem Umfeld ein Gespräch starten oder fortsetzen, wie es zu jeder Beziehung gehört. Opinary hilft Verlagen, sich mit ihren Usern auszutauschen, sie besser zu verstehen und zu monetarisieren.
5. Gibt es einen Vorzeigepublisher, der deiner Meinung nach einen
digitalen Topjob macht? 
Ein Vorteil davon, dass die wenigsten wirklich wissen, wie ihre Zukunft aussieht, ist, dass extrem viel ausprobiert wird. Spannend finde ich zum Beispiel, wie „Die Welt“ ihre Kommentarspalten rehabilitiert hat. Viele Digitalverlage haben ihre Kommentare aus scheinbarem Relevanz- und Ressourcenmangel abgestellt. „Die Welt“ dagegen ist trotz einer nicht besonders gefälligen Leserschaft in die Vollen gegangen und führt ausgiebige Dialoge mit ihren Lesern in ihrem Kommentarbereich auf der Seite, häufig auch mit Moderation prominenter Köpfe. Den Dialog mit Lesern als Privileg zu etablieren, und nicht als Zumutung zu begreifen, finde ich smart und konstruktiv.
6. Viele eurer Publisher verdienen Geld mit Digitalen Advertising.
Aber sind Banner nicht schon längst tot? 
Ein direkter Umsatzkanal über Abos oder Membership-Modelle ist natürlich vielversprechend, aber es wird nicht das eine Businessmodell geben, das die komplette Branche rettet, reich und glücklich macht. Werbung bleibt ein wichtiges Standbein für viele Publisher,  allerdings gibt es da natürlich auch Alternativen zu programmatischen Bannern. Diese sind für Advertiser auch zunehmend nicht mehr die erste Wahl. Eine Stoßrichtung geht zum Beispiel viel mehr in Richtung Content Marketing. Und das ist auch für den Nutzer interessanter, da Werbeinhalte organischer und relevanter daherkommen als in klassischen Display Ads. Und je mehr sich auch in sozialen Netzwerken Regeln durchsetzen, nach denen Werbung gekennzeichnet wird, desto weniger Verwechslungsgefahr sehe ich mit klassischem journalistischen Content. Unser Modell gesponserter Umfragen holt das Content Marketing raus aus isolierten sozialen Netzwerken und platziert gesponserte Umfragen in kontextuell passende Artikel. Auch das wird nicht das eine Umsatzmodell sein, das die komplette Publisher Branche rettet, aber ist für viele unserer Verlagspartner einer von mehreren relevanten Umsatzkanälen – und die Engagement- und Click Through Raten zeigen, dass User diese Form von Werbung wertschätzen.
7. Wie unterscheidet sich die Publishing Szene in New York von der
in Deutschland in Bezug auf Innovationskraft?
Amerikaner sind prinzipiell konsumfreudiger als Deutsche – ich schätze, das ist ein Grund dafür, warum es dort in vielen Industrien mehr Innovationskraft und Experimentierbereitschaft gibt. Deutsche schauen sich alles immer erstmal sehr genau an, Amerikaner probieren aus.
Konkret auf die Verlagswelt bezogen stehen US Publisher in zwei Hinsichten vor radikaleren Herausforderungen als die deutsche Verlagswelt, und beide bieten großes Innovationspotential: einerseits fordert Donald Trump die liberalen Massenmedien in ihrem journalistischen Auftrag, ihrer Mission und in ihrem Aufklärungsgedanken viel mehr heraus, als es deutsche Verlagshäuser gewohnt sind. US-Verlage bewegen sich in einem viel größeren politischen Spannungsfeld als deutsche Nachrichtenredaktionen. Das ist einerseits ein Hindernis und natürlich eine Gefahr, andererseits bietet es viele Möglichkeiten, sich im Nachrichtengeschehen als relevante „source of trust“ zu beweisen.
Zweitens haben US Verlage mehr Spielraum im Experimentieren mit Paid Content- und Membershipmodellen, weil der Markt und die Zahlungsbereitschaft größer sind. Das heißt nicht, dass deutsche Verlage in ihren Abo-Modellen hinterherhinken, aber die Skaleneffekte in den USA sind größer.
8. Warum hast du eigentlich den OMR Media Podcast gestartet? Als
Contentmarketing für Opinary? 🙂
Generell finde ich es spannend, neue Sachen zu lernen und auszuprobieren. Die Podcast-Landschaft in Deutschland ist noch superjung und hat viel Entwicklungspotential. Zum Beispiel gibt es bisher keine Podcast-Formate, die á la „Digiday“ oder „Recode Media“ zuverlässig Entscheider und Gestalter aus der Medienwelt zu Wort kommen lassen. Die Möglichkeit, in diesem Umfeld etwas neues zu probieren ergab sich mit OMR – und uns war klar, dass OMR ein phantastischer Partner hierfür sein würde. Als Zwischenbilanz können wir sagen, dass die Gesprächsbereitschaft von deutschen Medienmachern groß ist, es gibt extrem viele Ohren für das Thema und meine Lernkurve bleibt steil :). Wenn wir durch das Format auch noch Aufmerksamkeit für Opinary bekommen, ist das natürlich ein toller Nebeneffekt.
9. Wer ist jemand den du unbedingt mal im Podcast haben möchtest
und warum?
Ich fände es spannend, Ariana Huffington zu interviewen. Sie muss eine skurrile Person sein, das finde ich sehr sympathisch. Spannend ist natürlich, dass sie aus eigener Kraft ein echtes Medienimperium aufgebaut hat, aber in ihrer Herangehensweise ziemlich unorthodox und bauchgesteuert sein muss. Jetzt haben bei HuffPost nicht weniger smarte, aber viel stärker quantitativ getriebene Business-Minds das Ruder übernommen. Ich fände spannend zu hören, wie Ariana auf ihre HuffPost Ära zurückblickt und die Veränderungen kommentiert. Sie würde sich aber wahrscheinlich nicht dazu hinreißen lassen, sich groß dazu zu äußern.