Lieber Wolfgang magst du dich und dein Unternehmen einmal kurz in fünf Sätzen vorstellen?

Wir sind stolz darauf zu den Hamburger Internet Pionieren zu gehören. Mitte der 90er Jahre haben wir in der Schanze als Studentenbude angefangen und waren eines der ersten Startups, das von der Hamburger Wirtschaftsbehörde gefördert wurde. Von dort aus ging’s in die Welt und Rauf und Runter im New Economy Boom. Von Anfang an bespielen wir zwei Geschäftsbereiche: Digitales Marketing (rund um unsere Gewinnspielplattformen) und Digitales Publishing (rund um unsere unabhängigen Magazine). Heute arbeiten wir mit Teams in Berlin, Barcelona, Lissabon und nach wie vor in der Schanze.

2. Die Netzpiloten haben eine für ein Online Unternehmen lange Geschichte. Wie habt ihr die vielen Veränderungen gemeistert und wie habt ihr vor allem die Mitarbeiter immer mitgenommen?

Wir feiern dieses Jahr zwanzigjähriges Jubiläum der Publishing-Sparte. Und „Hals und Beinbruch!“ – wir haben einen ganz schön turbulenten Flug hinter uns. Etliche Mitarbeiter sind über zehn Jahre mit dabei. Was wir über die Zeit gelernt haben: Der Agregatszustand als Startup hat sich nie wirklich geändert. Nach wie vor ist vieles unsicher, experimentell und aufregend. Wir mussten uns stets schnell auf neue Trends, Technologien und Geschäftsmodelle einstellen um nach vorne zu kommen oder manches mal auch einfach nur um zu überleben.

3. Wie funktioniert euer aktuelles Geschäftsmodell und was sind die wichtigsten Umsatzsäulen?

Wir bespielen im digitalen Marketing hauptsächlich Themen wie E-Mail-Marketing und Leadgenerierung über Gewinnspiele. Mit unserer langjährigen Erfahrung stehen wir für Kunden auch als Full Service Agentur parat. Im digitalen Publishing betreiben wir erfolgreich Content Marketing und ebenfalls Full Service Kundengeschäft.

4. Ihr seid eine unabhängige Online-Medien-Platform, wie wählt ihr eure Blogger, Journalisten, Kolumnisten und Autoren aus?

Unser „Netzpiloten Blogger Network“ hat sich seit 2006 organisch rund um unsere Digital-Magazine (insbesondere www.netzpiloten.de) entwickelt. Uns interessieren Blogger und Bloggerinnen, die professionell arbeiten (sprich nach journalistischen Grundsätzen) und sich kundig und smart im digitalen Ökosystem bewegen. Wir erleben die Etablierung einer neuen Gattung von Medienmacher, die ihre Inhalte technisch versiert und smart vernetzt in die digitalen Netze verbreiten. Mit ihnen arbeiten wir intensiv zusammen im Rahmen unserer eigenen Plattformen sowie auch für Kundenprojekte. Unser neuestes Vorhaben: In Berlin entsteht derzeit die weltweit erste Blogger Business Lounge mit zahlreichen Möglichkeiten der Zusammenarbeit, Vernetzung, Veranstaltungen und redaktionellen Experimente.

5. Was ist eurer Meinung nach eigentlich Qualitätsjournalismus?

Na da sind zum einen die traditionellen und wichtigen Merkmale wie Wahrheit, Faktentreue, Neutralität, Vorurteilslosigkeit und Differenziertheit, denen wir uns als Plattform verpflichtet fühlen. Zum anderen braucht der Blogger/ die Bloggerin jede Menge Kenntnisse über den technischen Umgang mit Multimedia sowie Kompetenz im ständig wachsenden Metabereich seiner/ihrer publizistischen Arbeit: Wie funktionieren die verschiedenen digitalen Publishing-Plattformen und -systeme? Wie wichtig sind Social Share und Suchmaschinenoptimierung für meine Arbeit? Wie führe ich den Dialog mit den Lesern, Zuschauer, Zuhörern?

6. Gibt es eurer Meinung nach Wege, als Publisher unabhängig von Facebook und Google erfolgreich zu sein?

Ohne Facebook und Google geht derzeit sicher nichts. Sie stellen wichtige distributionelle Rahmenbedingungen für unser aller Arbeit. Heißt aber nicht, dass das immer so bleibt. Deshalb müssen wir Publisher uns ständig umschauen welche anderen Player interessant für uns werden. Im engen Austausch mit unseren Profi-Bloggern versprechen wir uns da in der Zukunft wichtige Impulse. Ansonsten achten wir darauf, dass unsere inhaltliche und markenführende Arbeit konstistent bleibt.

7. Wird es eurer Meinung nach in 5 Jahren noch klassische Medienhäuser geben? Oder verschmelzen die unterschiedlichen Kanäle Print, Online, Video, Funk/Podcast in einer neuen Art von Medienunternehmen?

Ehrlich gesagt interessiert mich schon lange nicht mehr was aus den klassischen Medienhäusern wird. Sollen sie sich doch wandeln zu einer Print-Luxusindustrie wenn das Digitale sie überfordert. Ich komme aus der Printbranche und werde nie aufhören ihre Produkte zu lieben. Aber die Jahrzehntelange Beobachtung der halbherzigen Babysteps in die Digitalisierung hat mich schwer ermüdet. Ich beobachte lieber genuin digitale Medienhäuser wie Vox Media in den USA.

8. Bedauert ihr eigentlich, nicht 20 Jahre früher auf dem Markt gewesen zu sein? Mit Print wurde damals doch Geld gedruckt, munkelt man.

Lustige Frage an Digitalpioniere 😉 Wir glauben natürlich in aller Bescheidenheit, dass wir uns exakt zum richtigen Zeitpunkt an die Spitze der richtigen Revolution eingereiht haben. Und Geld haben wir auch genug verdient, dankeschön 😉

9. Was glaubt ihr, wo wird denn in Zukunft Geld gedruckt?

Bei den Schürfern in den Blockchains nehme ich an.

10. Zum Abschluss, was sind die Top3 Fragen, die sich eine Medienunternehmer in der aktuellen Marktsituation stellen muß?

1. Hast du gute Inhalte, gute Macher und bespielst du die richtigen Kanäle?
2. Bist du offen für Veränderungen, für neue Trends und Technologien?
3. Hast du Spaß an deiner Arbeit – auch wenn sie vielleicht nie ein anständig planbares lineares Business wird?