Hallo Manuel, hallo Markus! Schön, dass ihr uns heute für ein Interview zur Verfügung steht. Mögt ihr euch mal in wenigen Worten selbst vorstellen?

Markus: Ich leite die Digitalredaktion der Badischen Zeitung (Freiburg) und beschäftige mich dabei auch intensiv mit der Weiterentwicklung unserer Digital- und Paid-Strategie. Ich bin gelernter Zeitungsjournalist, habe ein VWL-Diplom und Mitte der neunziger Jahre meine erste Website ins Netz gestellt.

Manuel: Hallo Michael, gern. Ich helfe seit vielen Jahren Publishern mit ihren digitalen Geschäftsmodellen und bin seit zwei Jahren bei Cxense. In der Zeit habe ich unser DACH-Büro in Berlin aufgebaut. Wir haben mittlerweile ein komplettes Team vor Ort, das eine Reihe großer Kunden betreut.

2) Wir freuen uns, euch am 13.06. bei unserer Publisher Business Conference begrüßen zu dürfen. Worauf dürfen sich unsere Gäste freuen? Bringt ihr die Zauberformel für die profitable digitale Tageszeitungsangebote mit? 😉

Markus: Ja, damit ist zu rechnen –  zieht Euch warm an, Google und Facebook! 😉 Spaß beiseite! Die Badische Zeitung beschäftigt sich seit etwa fünf Jahren intensiv mit der Frage, wie guter, unabhängiger Journalismus nicht kostenlos und werbebasiert, sondern von Digitalabonnenten finanziert werden kann. Paid Content hat für unsere Digitalstrategie eine sehr, sehr große Bedeutung.  Bei den Regionalverlagen gehören wir meines Wissens zu den ersten Häusern in Deutschland, die ihre Paid-Strategie mit personalisierten Inhalten und Marketing-Automation flankieren. Die Zauberformel haben wir – wie die allermeisten Verlage – sicherlich noch nicht gefunden, dafür ist es noch zu früh. Wir beobachten aber ein robustes Wachstum bei allen wichtigen KPI. Die ersten Etappen haben wir nach meiner Wahrnehmung erfolgreich absolviert – davon möchte ich in Hamburg berichten.

Manuel: Die Zauberformel haben wir noch nicht gefunden. Ich denke aber, dass Publisher verstanden haben, dass sie datengetriebener arbeiten müssen. Das gilt für das Werbe- wie das Abokundengeschäft, die sich besser kombinieren lassen als viele in der Branche denken. Wir wollen zusammen mit der Badischen Zeitung zeigen, wie man so eine Strategie richtig aufsetzt und dann operativ umsetzt.

3) Unabhängig davon, ob Publisher Paid Modelle bevorzugen oder das klassische Vermarktungsmodell, Daten der Nutzer spielen eine immer größere Rolle. Was bedeutet das vor dem Hintergrund der immer wieder hochkochenden Datenschutzdiskussionen für euer Zusammenarbeit?

Markus: Das allerwichtigste Asset eines journalistischen Mediums ist die eigene Glaubwürdigkeit. Wer diese Glaubwürdigkeit schützen möchte, muss auch die Daten seiner Nutzer schützen und verantwortungsvoll damit umgehen. Wir nehmen das Thema „Datenschutz“ sehr ernst und investieren viel Aufwand, im Einklang mit den Datenschutzgesetzen zu agieren. Bei der Evaluation neuer Partner und Dienstleister wie Cxense beschäftigen wir uns deshalb sehr früh mit der Frage, wie eine Zusammenarbeit durch die datenschutzrechtliche Brille zu bewerten ist.

Manuel: Datenschutz sehen wir als Chance. Wenn man Usern den Mehrwert von personalisierten Angeboten klarmacht, wird die Bereitschaft Daten abzugeben nicht sinken – während das Vertrauen steigt. Wichtig ist, dass Publisher die Hoheit über ihre Daten von den großen Plattformen zurückgewinnen und gewissenhaft damit arbeiten. Wir sind hier reiner Lösungsanbieter und verfolgen kein Businessmodell mit den Daten unserer Kunden. Es sind deine Leser, deine Daten und dein Umsatz sage ich vielen Publishern.

4) Auf Basis der vorhandenen Daten optimieren Publisher mittlerweile auch ihr journalistisches Produkt. Habt ihr Beispiele dafür, die über die Optimierung von Klickraten auf Headlines und das Erhöhen der Subscriberquote hinausgehen?

Markus: Wir nutzen Daten auf vielfältige Weise. Wir automatisieren die Distribution von Produkten durch Daten – zum Beispiel den Versand von Whats-App-Newslettern, bald auch von personalisierten E-Mail-Newslettern. Wir nutzen Daten, um auf unserem eigenen Portal Inhalte zu kuratieren, die wir bislang übersehen haben. Daten entlasten uns Journalisten und  helfen uns, uns auf unser Kerngeschäft zu fokussieren – auf relevante News und tolle Geschichten. Und wir nutzen Daten natürlich, um digitale Produkte zu personalisieren und zu vermarkten.

Manuel: Wir sehen hier definitiv einen internationalen Trend. Dieser geht weg von reiner Headline-Optimierung, hin zur komplett personalisierten Experience. Jeder User will individuell betrachtet werden, das zeigen unsere Daten. Was für mich funktioniert (Paid Content, User Experience, Werbung etc.), muss noch lange nicht für andere funktionieren. Hier bleibt aktuell in DACH noch Potenzial ungenutzt.

5) Wie wirkt sich eure Zusammenarbeit auf die tägliche Arbeit im Verlag aus? Ist die Redaktion eingebunden oder ist der Journalist immer noch weit weg von Vermarktung und Vertrieb?

Markus: Die Redaktion war von Beginn an eingebunden. Ich sehe das Thema Paid Content mit seinen wichtigen Bausteinen Marketing-Automation und Personalisierung ohnehin immer mehr als Thema, das man interdisziplinär erfolgreich in den Griff bekommen muss.  Interdisziplinär bedeutet: Redaktion, Vertrieb, Webanalyse, Produktmanagement, Developper und Mediavermarkter müssen eng zusammenarbeiten.

Manuel: Wir arbeiten mit unseren Kunden daran, Silos aufzubrechen – je mehr Zusammenarbeit und Daten-Sharing zwischen den Abteilungen, desto besser. Das betrifft Geschäftsleitung, Redaktion, IT, Vermarktung und natürlich Vertrieb. Wenn sich die Grundeinstellung ändert und alle mit der gleichen Datenbasis arbeiten, sehen wir oft Erfolge, die uns selbst überraschen.

6) Was sind denn die KPI´s , auf die ihr optimiert? Der durchschnittliche TKP, die CVR bei Conversions oder könnt ihr dem Umsatz pro Nutzer messen und steigern und dabei sowohl Vermarktungsumsätze als auch Umsätze aus Abos einfließen lassen? In diesem Zusammenhang interessant, bespielt ihr Abonnenten auch mit Werbung?

Markus: Ja, auch unsere Digital-Abonnenten sehen Werbung – digitale Advertisingerlöse werden auch in einer Paid-Content-Welt eine wichtige Rolle spielen für Publisher. Unsere wichtigsten KPI sind aber die Anzahl der neuen Subscriber, die Anzahl der Neuregistrierungen, die Unique User und  die Total Time on Page. Wir beschäftigen uns auch immer intensiver mit der Frage, wie wertvoll Beziehungen zu einzelnen Abonnenten sind – also mit dem Customer Lifetime Value.

7) Nutzt ihr eure Daten auch, um euer SEO Ranking zu verbessern? Google ist ja sicher noch einer der wichtigsten Trafficbringer, oder?

Markus: Google hat in der Tat eine viel größere Bedeutung als Facebook als Traffic-Quelle. Wir nutzen unser Daten aber (noch) nicht gezielt für SEO. Ich glaube aber, dass wir uns schon recht bald viel intensiver der Frage widmen werden, wie wir durch gezieltes SEO neue Subscriber gewinnen können.

8) Die Verzahnung von eigener Technologie mit der eines Dienstleisters ist eine der größten Herausforderungen für Publisher. Wie bekommt ihr das hin, beste Performance bei gleichzeitig größtmöglicher Unabhängigkeit des Publishers?

Markus: Wir haben tolle Entwickler in Freiburg und machen tatsächlich recht viel selber. Bei der Frage „Make or buy“ spielen dann aber eine Reihe von Faktoren eine Rolle: Strategische Bedeutung der Technologie, Time to Market, eigenes Know-How in einer Spezialdisziplin, Ressourcenbedarf etc. Weil wir das Thema Personalisierung/Marketing-Automation rasch und auf einem hohen Level auf die Straße bringen wollten, war uns klar, dass wir mit einem Best-in-Class-Experten zusammenarbeiten wollen.

9) Manuel, wie viel technologische Kompetenz und Ressourcen brauchen Publisher, die mit euch zusammenarbeiten? Oder bietet ihr ein „Rundum sorglos Paket“?

Manuel: Bei der Entwicklung unserer Lösungen arbeiten wir sehr eng mit Publishern zusammen. Cxense Conversion Engine und unsere Dynamic Paywall haben wir zusammen mit dem Wall Street Journal entwickelt. Unsere Entwickler haben monatelang Seite and Seite mit dem Team dort gearbeitet. Ziel war, konkrete Use Cases für Newsroom- und Business-Nutzer abzubilden und zu optimieren. Wir wollen es Publishern so einfach wie möglich machen, zu testen, zu optimieren und zu wachsen, Ein bisschen IT braucht man, um das System aufzusetzen, aber wir bieten das komplette Know-how inklusive Data Scientists auch gerne als Paket an..

10) Markus, gibt es etwas, das du dir von deinem Technologiedienstleister wünschst, was es aber auf dem Markt noch nicht gibt? Ein Produktfeature o.ä.?

Ja, klar. Für Q3 2019 rechnen wir mit der Zauberformel 😉