Lieber Herr Diekmann, vielen Dank, dass Sie uns heute für unseren Publishertalk zur Verfügung stehen. Sicherlich kennen fast alle unserer Leser Sie aus Ihrer Zeit als Chefredakteur der BILD. Aber mögen Sie sich dem Rest einmal ganz kurz vorstellen, vielleicht auch mit ein oder zwei Sätzen zu Ihren aktuellen Aktivitäten?
K.D.: „Mein Name ist Kai Diekmann, ich bin Jahrgang 1964. Ich sage immer: ‚Ich bin der meiste Deutsche‘, weil es von keinem anderen Jahrgang so viele gibt wie von denen, die im Jahr 1964 geboren sind. Ich bin Journalist, war über 30 Jahre bei Axel Springer, Chefredakteur der ‚Welt am Sonntag‘, danach 15 Jahre Chefredakteur von BILD. Heute bin ich unter die Gründer gegangen, habe mit Partnern zwei Firmen gegründet: ‚StoryMachine‘ – wir organisieren und produzieren die Social-Media-Inhalte von großen Unternehmen und großen Organisationen. Und dann bin ich auch noch einer der Gründer des ‚Zukunftsfonds’. Wir haben uns die Frage gestellt: ‚Wie kommt es eigentlich, dass im digitalen Zeitalter auf analogen Konten und Sparbüchern immer noch über zwei Billionen Euro rumgammeln, für die es keine oder sogar Negativzinsen gibt? Gelingt es uns, ein digitales Finanzprodukt-Produkt zu entwickeln, das den Sparern über die Teilhabe am Kapitalmarkt zumindest die Chance auf eine positive Rendite eröffnet?‘ Was die übrige Zeit angeht: Ich bin nach wie vor und seit nunmehr 14 Jahren im Aufsichtsrat der größten türkischen Zeitung ‚Hürriyet‘, ich bin Board-Member der ‚London Times‘ und auch im Policy Advisory Board von ‚Uber´ in San Francisco.“
2. In der öffentlichen Wahrnehmung scheint die deutsche Publishing Branche viele Probleme zu haben. Das Geschäftsmodell ist stark unter Druck. Digitalisierung, Adblocking, fehlende funktionierende Paid-Content-Lösungen und vieles mehr sollen die Ursache für das Dilemma sein. Wie ist Ihre Einschätzung? Sind die Probleme wirklich so massiv oder wird noch immer auf sehr hohem Niveau gejammert?
K.D.: „In den vergangenen Jahrzehnten ist das Herausgeben einer Zeitung der Lizenz zum Gelddrucken gleichgekommen ist. Ganz egal, ob es sich um Regional-Zeitungen oder überregionale Zeitungen handelt. Denken Sie mal zurück, vor 20 Jahren, wie dick die F.A.Z. noch gewesen ist: Die passte samstags kaum durch den Schlitz des Briefkastens, weil da so viele Seiten mit Personalanzeigen drin waren. Unserer Branche ist das passiert, was allen Branchen passiert oder bereits passiert ist – sie ist von der digitalen Revolution erfasst worden, von der vierten industriellen Revolution, die eben in wirklich jeder Branche die Geschäftsmodelle von Grund auf ändert. Und dabei geht es dann auch nicht um Kleinigkeiten wie Adblocker und fehlende Paid-Content-Solutions, sondern es geht darum, dass sich ein Geschäftsmodell, das über Jahrzehnte hervorragend funktioniert hat, in der digitalen Welt grundlegend ändert – und vor allem und zuallererst die Wertschöpfungsketten. Da sind auf einmal digitale Player auf dem Markt, die eine Dienstleistung nicht mehr selbst erbringen, sich erfolgreich zwischen uns und unseren Kunden schieben und mit scheinbar kostenlosem Service oder extrem günstigen Konditionen eine enorme Kundenzufriedenheit produzieren. Das gilt für Uber, Airbnb oder eben auch Facebook, wenn es um die Medienbranche geht: Facebook ist heute das größte Medienunternehmen der Welt mit über zwei Milliarden Nutzern, das keine eigenen Inhalte produziert, aber die Inhalte der Publisher zum Teil besser monetarisiert, als diese das selber können – darauf eine Antwort zu finden, ist die Herausforderung, vor der die Medienbranche, aber nicht nur die Medienbranche, steht.“
3. Die Macher der Publisher Business Conference treibt die Frage um, wie sich Qualitätsjournalismus auch in Zukunft noch finanzieren lässt. Mit den Erlösen aus der Schaltung von Werbebannern und dem Verkauf von endlos vielen Advertorials wird das ohne Glaubwürdigkeitsverlust wohl nicht funktionieren. Bedarf es eines komplett neuen Geschäftsmodells? Wie könnte dieses aussehen und gibt es bereits anschauliche Beispiele?
K.D.: „Nicht der Journalismus in seinem Kern ist in die Krise geraten, sondern die ihn tragenden Geschäftsmodelle. Der Journalismus an sich ist durch die digitalen Tools eigentlich viel besser gemacht worden. Das Problem ist: Das klassische Geschäftsmodell Zeitung bzw. Zeitschrift lässt sich nicht einfach auf die digitale Welt überstülpen. Wovon leben Zeitungen bisher? Zeitungen leben davon, dass sie Inhalte und ihre Reichweite verkaufen. Und das funktioniert in der Welt der digitalen Medien nicht so, wie es früher funktioniert hat. Es gibt zu viele kostenlose Inhalte, Reichweite liefern andere Player billiger. Das sehen wir insbesondere an Google und Facebook. Was den digitalen Werbemarkt angeht, holen sich Google und Facebook inzwischen 65 Prozent des gesamten Kuchens. Noch beunruhigender wird es, wenn ich mir das Wachstum im digitalen Werbemarkt anschaue: Von jedem Dollar, der im vergangenen Jahr zusätzlich im digitalen Werbemarkt ausgegeben worden ist, haben sich Google und Facebook 95 Cent geholt. Darin besteht die existentielle Herausforderung für die Publisher: Geschäftsmodelle zu finden, mit denen sie die Reichweite, die sie mit gutem Journalismus erzielen, künftig anders und besser einsetzen, um umgekehrt den Journalismus dauerhaft finanzieren und ihre Reichweite damit erhalten zu können.“
Sie könnten jetzt aber nicht drei Stichworte sagen, ‚So müsst Ihr es machen?‘, sondern das ist ein Prozess …?!
K.D.: „Wenn es so einfach wäre, hätte die Branche ja kein Problem. Nur zwei Überlegungen: Wie kann mich ich in der digitalen Welt mit meiner Reichweite an Geschäftsmodellen beteiligen, die zwar im Kern nicht journalistisch, aber eine natürliche Nähe zu meiner Marke haben. BILD zum Beispiel steht mit seiner Marke für Sport und Unterhaltung. Die Sportberichterstattung ist legendär – und BILD hat sich auch immer wieder ganz besondere Gewinnspiele für seine Leser ausgedacht – von Bingo bis zur Glücksuhr. Also würde es aus meiner Sicht Sinn machen, sich als BILD einmal näher mit e-Gaming oder Online-Sportwetten zu befassen. Das sind boomende Märkte, auf denen wahnsinnig viel Geld zu verdienen ist – möglicherweise eben auch für die Publisher. Auch Media-für-Equity-Geschäfte sind meiner Meinung nach für die Publisher interessant: Wenn ich also nicht nur meine Reichweite eins zu eins als Media verkaufe, sondern mich auch an dem Erfolg oder Misserfolg des beworbenen Geschäftsmodells beteilige, also mit ins Risiko gehe.
4. Die Nutzung von Social-Media-Plattformen ist mittlerweile ein wichtiger Teil im alltäglichen Leben von uns allen. Besteht die Gefahr, dass Medienmarken den direkten Kontakt zu ihren Konsumenten verlieren? Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang Google und Facebook? Gehen diese mit ihrer Macht als Gatekeeper verantwortlich um?
K.D.: „Das ist ja genau das Phänomen der Plattform-Ökonomie, dass sich Dritte in angestammte Kundenbeziehungen schieben. Ich kann heute mit einem Massenpublikum kommunizieren, ohne dafür eine Druckerei oder einen Fernsehsender besitzen zu müssen. Das, was früher ein Fernsehsender war, leistet heute FacebookLive. Wofür ich früher eine Druckerei brauchte, nämlich um eine Zeitung zu drucken und damit ein Massenpublikum mit Inhalten zu versorgen, das macht heute Twitter. Das beste Beispiel dafür ist Donald Trump. Donald Trump erreicht über seinen Twitter-Kanal inzwischen über 50 Millionen User. Das ist mehr als auf dem gleichen Kanal etwa CNN, der größte Fernsehsender der USA, und die größte Zeitung der USA, die New York Times, erreichen. Er kommuniziert direkt mit seinem Publikum – an allen klassischen Medienmarken vorbei. Und das ist sozusagen ein zweiter disruptiver Moment für die Publisher: Nicht nur, dass die analoge Oberfläche, also die gedruckte Zeitung, dramatisch an Bedeutung verliert, weil wir den Kunden nicht mehr physisch am Point of Sale, dem Kiosk, treffen, sondern dass in der Welt der sozialen Medien die klassischen Medienmarken nicht mehr gebraucht werden, weil an ihnen vorbei direkt mit dem Publikum kommuniziert wird. Das ist eine Riesen-Gefahr für die Publisher.
Auf der anderen Seite können die Publisher gar nicht anders, als mit ihren Marken und Inhalten auf den sozialen Plattformen präsent zu sein: Das sind sozusagen die Kioske der digitalen Welt sind. Wenn ich die Millenials, die I-Generation, die medial sozialisiert werden auf Facebook, Snapchat und Instagram, wenn ich die treffen will, dann kann ich an den Plattformen nicht vorbei. Dort begegnet diese Generation den Inhalten, die relevant sind für sie. Und deswegen haben wir bei BILD diese Plattformen früher als „Frenemies“ bezeichnet – weder „Friend“ noch „Enemy“, sondern irgendwo dazwischen. Wir haben gemeinsame Interessen, aber es ist natürlich ein Stück weit auch ein „Sich-Ausliefern“ an die Anbieter oder sogar ein Ausliefern der Kundenbeziehung an die sozialen Medien.
D.h., Facebook und Google gehen bedingt gut mit dieser Verantwortung um und jeder schaut natürlich auch ein Stück weit auf seine Interessen?
K.D.: „Natürlich schaut jeder auf seine Interessen – hier geht es doch um knallhartes Geschäft! Weder Facebook noch Google sind NGOs und ‚We want to make the world a ‚better place‘ ist eine wunderbare Behauptung – aber auch nicht mehr. Am Ende sind sowohl Google als auch Facebook nichts anderes als gewaltige Daten- und Werbeunternehmen, die auf Teufel komm raus Daten und Kundenbeziehungen monopolisieren. Sie bieten ein großartiges und zudem kostenloses Produkt an, aber in Wahrheit ist das Produkt ja der Kunde selbst. Finde ich übrigens völlig legitim. Es wird ja niemand gezwungen, diese Dienste zu nutzen.
5. Über digitale Kanäle kann heute jedes Unternehmen, jeder Sportverein, jede politische Partei oder sonstige Organisationen Inhalte publizieren und damit Botschaften senden. Welchen Impact wird das Ihrer Meinung nach auf die deutsche und internationale Medienlandschaft haben? Werden zum Beispiel Fußballvereine zu Medienhäusern und konkurrieren damit direkt um die Mediabudgets der Werbetreibenden?
K.D.: „Das ist ja keine Entwicklung, die zu befürchten ist, sondern eine, die zum Teil ja schon längst Realität ist. Unternehmen und auch Fußballvereine kommunizieren heute schon auf allen Kanälen selbst. Medien sind heute darauf angewiesen, das sogenannte ‚Instagram-Foto des Tages‘ zu publizieren, also nicht mehr selbst im Besitz eines Exklusiv-Fotos zu sein, sondern zeigen zu müssen, was die Publikums-Lieblinge selbst schon von sich veröffentlicht haben. Nehmen Sie den Popstar Taylor Swift, die über alle Social-Media-Kanäle hinweg 300 Millionen Follower hat. Dafür benötigt sie ein knapp 30köpfiges Redaktionsteam, das ihr Leben auf Social Media inszeniert. Früher war man Chefredakteur bei People oder BRAVO, heute ist man Chefredakteur bei Taylor Swift… Diese Entwicklung zeigt gleichzeitig, wie notwendig unabhängiger Journalismus ist. Derjenige, der sich selbst in sozialen Medien darstellt, der sich selbst publiziert, der gibt natürlich nur das von sich preis, was er von sich preisgeben möchte. Und umso wichtiger ist es, unabhängige Instanzen zu haben, die diese Inszenierung von Wirklichkeit dann auch überprüfen.“
6. Was bedeutet diese o.g. Entwicklung für den kritischen Journalismus? Wenn ich als Verein, Partei oder Unternehmen direkt mit dem Endkunden kommuniziere, muss ich mich doch nicht mehr den kritischen Fragen der Medienvertreter stellen? Beispielsweise im Sport scheint es ja schon heute in weiten Teilen Hofberichterstattung zu geben …
K.D.: „Nein, das sehe ich ganz anders. Wie schon gesagt, natürlich gibt es bereits den einen oder anderen Bundesligaverein, der sehr erfolgreich selbstständig Inhalte produziert und Inhalte veröffentlicht. Auf der anderen Seite hat das an der kritischen Berichterstattung in BILD ja nichts geändert. Im Gegenteil, gerade weil sich die Protagonisten heute einem breiten Publikum direkt präsentieren und sich selbstständig inszenieren können, macht das unabhängige Berichterstattung noch wertvoller. Der Twitter-Erfolg von Donald Trump hat im gleichen Maße die Abo-Zahlen der New York Times nach oben getrieben. Es gibt im übrigen keinen Fußballverein, der behaupten würde, die BILD-Zeitung betreibe im Bereich Sport Hofberichterstattung. Fragen Sie mal die gebeutelten Freunde vom HSV, ob die den Eindruck haben, BILD würde sie schonen….
7. Was würden Sie dem Macher einer regionalen Tageszeitung heute empfehlen? Auch wenn es ganz sicher kein Patentrezept gibt, welches wären 3 „Quick Wins“, die viele nicht auf dem Zettel haben?
K.D.: „Zunächst einmal würde ich ihm sagen, es gibt eine gute Nachricht: Du bist nicht im Papier-Geschäft, Deine Kernkompetenz ist nicht das Verkaufen von Papier, sondern Deine Kernkompetenz ist Journalismus, das Erzählen von Geschichten. Und das geht in der digitalen Welt viel besser und viel spannender, weil du deine Geschichten mit den digitalen Tools ganz anders erzählen kannst, als das in der analogen Welt möglich gewesen ist: Papier ist ein sehr begrenztes Medium, hat keinen Sound, hat keine bewegten Bilder und ist im Erscheinungsrhythmus limitiert. Da ist die digitale Welt natürlich viel aufregender, weil ich in Echtzeit kommunizieren kann, weil ich in allen Dimensionen kommunizieren und meine Geschichten verbreiten kann. Die Technologie macht zunächst einmal Journalismus besser – im übrigen auch, wenn es darum geht, Informationen zu recherchieren. Noch nie waren Informationen für Journalisten so zugänglich, so erreichbar, wie heute!
8. Neben der Produktion und Vermarktung von Content sowie dem Bearbeiten von verwandten Geschäftsfeldern investieren einige Medienhäuser ja auch in E-Commerce oder sind als Technologiedienstleister aktiv. Für wie sinnvoll halten Sie das und gibt es andere Geschäftsfelder, die Sie aus Perspektive eines Medienhauses bearbeiten würden?
K.D.: „Zunächst noch ein Wort zu den regionalen Tageszeitungen: Ich muß erstens verstehen, daß ich keine Zeitung bin, sondern eine Medienmarke auf vielen Kanälen. Und zweitens muß ich begreifen, daß ich über ein riesiges Alleinstellungsmerkmal verfüge – nämlich meine regionale Kompetenz. Lokaler Content ist exklusiver Content. In einer globalen Welt interessiert mich das, was um mich herum passiert, ganz besonders – in einer Welt, die immer größer, immer unsortierter, immer unübersichtlicher wird, wird das, was vor meiner Haustür passiert, immer wichtiger. Keiner kennt sich in Potsdam so gut aus wie die ‚Potsdamer Neueste Nachrichten’ Und das nimmt ihnen keiner weg, das ist schlecht substituierbar. Das ist eine Riesen-Chance, sich darauf zu konzentrieren. Die uralte Regel: Do what you can do best – and link to the rest!
9. Kaum eine andere Branche muss auf den digitalen Wandel auch auf Mitarbeiterseite so stark reagieren wie die Publishingbranche. Was sind Ihrer Meinung nach die Kernargumente, um die Digital Natives für einen Job in einem „alten“ Medienunternehmen zu begeistern?
K.D.: „Journalismus ist etwas ganz Großartiges und es macht ungeheuer viel Spaß, Geschichten zu erzählen. Im Übrigen gibt es ja auch Medienhäuser, die es geschafft haben, sich neu zu erfinden und digital aufzustellen. Selbst die größten Kritiker von BILD würde zugestehen, dass es BILD gelungen ist, sich sehr erfolgreich zu digitalisieren. BILD ist ja längst eine multimediale Marke, die u.a. auch noch eine Zeitung auf Papier herausgibt. Aber das Papierformat ist eben nur einer von vielen Kanälen, die von BILD bedient werden. BILD ist auf Snapchat unterwegs, BILD ist auf Facebook unterwegs, BILD ist auf Whatsapp unterwegs, BILD nutzt all die Kanäle, die es heute braucht, um ein digitales Publikum zu erreichen.
Die Auflage der BILD-Zeitung leidet seit Jahren. Warum? Weil wir uns bewusst dafür entschieden haben, mit unserer digitalen Strategie zu sagen: ‚Wir möchten digital wachsen und nehmen dafür auch in Kauf, dass unser bisheriges Geschäftsmodell auf Papier leidet. Wir machen unsere Inhalte digital noch attraktiver, opulenter, noch einfacher zugänglich.‘ Und das hat natürlich den Niedergang der verkauften Auflage beschleunigt.
Die höchste verkaufte Auflage hatte BILD in den 80er-Jahren mit fast fünf Millionen Exemplaren und hat damit etwa zwölf Millionen Menschen in Deutschland erreicht. Heute hat BILD bei einer Auflage von nur noch 1,4 Millionen auf Papier insgesamt über alle Kanäle hinweg eine Reichweite von über 30 Millionen Kontakten auf monatlicher Basis. D.h., die Marke BILD hat noch nie so viele Menschen erreicht wie heute – dank der digitalen Möglichkeiten. Wenn man es also richtig macht, sind Medienhäuser immer noch sehr attraktiv für Journalisten, die mit ihren Geschichten viele Menschen erreichen wollen. Es gibt Medien-Unternehmen, die liegen, was die digitale Transformation angeht, ganz weit vorne, und es gibt Unternehmen, die sind ganz weit hinten. Von denen glaube ich aber auch nicht, dass sie noch eine Zukunft haben.“
Jetzt würde ich Sie am liebsten fragen, ob Sie für das eine oder andere noch ein Beispiel nennen können, aber …
K.D.: „Ja von wegen…..“
10. Geben Sie uns doch bitte zum Abschluss des Gespräches noch einen Ausblick. Was glauben Sie, wie lange die Unterscheidung der Medienhäuser nach Kanälen wie Verlage, TV-Sender, reine Online Player und Radiosender noch Bestand hat? Wird die Digitalisierung nicht dafür sorgen, dass Anbieter von Content überall dabei sein müssen, von der Website über den Youtube-Kanal bis zum Podcast?
K.D.: „Die Grenzen sind längst fließend. Wenn Sie sehen, dass die Landesmedienanstalt gerade die BILD-Zeitung aufgefordert hat, eine Sendelizenz zu beantragen, dann ist BILD jetzt offensichtlich TV. Wie gesagt, es wäre auch grundfalsch, sich heute nur noch als Verlag zu begreifen und zu sagen: ‚Ich bin ein Verlag, ich gebe eine Zeitung heraus.‘ Zeitung ist nur eine Oberfläche. Madonna verkauft auch nur noch sehr wenige Schallplatten, aber ihre Musik wird auf allen neuen Kanälen noch immer verkauft und immer noch gehört.
Es gilt: Ich bin eine Marke und ich muss meine Inhalte auf allen Kanälen zur Verfügung stellen, auf denen ich mein Publikum erreiche. Für alle diese Kanäle muss ich Inhalte produzieren. Das bedeutet dann für ein klassisches Zeitungshaus, das es heute Videoinhalte produzieren muss und wie ein Fernsehsender agieren muss. Insofern haben Sie völlig recht, diese Unterscheidung ist auf Dauer von keiner Relevanz mehr.“
Lieber Herr Diekmann vielen Dank für Ihre Antworten. Wir sehen uns bei der Publisher Business Conference!