Liebe Laura schön, dass du dir die Zeit genommen hast für ein Interview im Publishertalk. Möchtest du dich einmal kurz vorstellen und erzählen was sich hinter der IOSIS GmbH verbirgt?

Hallo, ich freue mich, dass ihr mich zu diesem Interview eingeladen habt. Ich bin seit Mai 2017 CEO der IOSIS GmbH. Wir gehören zur Covus Familie, einem deutschen Venture Builder aus Berlin, der gleichzeitig unser strategischer Partner ist. Mit unserem Startup haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, die Kommunikation zwischen Websiten und deren Audience zu vereinfachen. Heutzutage gibt es viele Kanäle, um mit Usern in Kontakt zu treten und viele Absender, die den User erreichen wollen. Das ist ein echtes Dilemma, denn die Zeit, die der User zur Verfügung hat, ist bekanntlich limitiert. Also muss man als Medium neue Wege finden, die eigene Audience immer wieder abzuholen. Dafür haben wir eine Technologie entwickelt, die es Webseitenbetreibern ermöglicht, Push-Notifications über den Desktop Browser oder das Mobiltelefon an ihre User zu schicken. Push-Notifications kann man sich wie eine Art Text-Bild-Nachricht vorstellen. Sie werden in Echtzeit übermittelt und können wie eine Ad-Kampagne ausgesteuert werden. Der große Vorteil liegt darin, dass sie Ad-Blocker intelligent umgehen und daher zu 98 Prozent vom User gesehen werden. Das schafft keine Display-, Facebook- oder Newsletter-Kampagne.

Laura Schwarz – IOSIS GmbH CEO

2. Werfen wir einmal einen allgemeinen Blick auf den deutschen Markt. Glaubst du, dass das Cost-Cutting bei den (Verlags-)Publishern bereits den Höhepunkt erreicht hat und jetzt wieder stärker in Produkte investiert wird bzw. investiert werden sollte?

Ich glaube, es geht hier vielmehr um eine Umverteilung. Die meisten Sparmaßnahmen sind ja aus Gründen entstanden, die nach wie vor aktuell sind: Ad-Blocker, niedrige TKPs im Display  Bereich, Probleme, den User an Bezahlmodelle zu gewöhnen – und trotzdem haben die meisten Publisher den Anspruch, hochwertigen Content abzuliefern. Andererseits wird immer noch eine Menge Geld ausgegeben, zum Beispiel für Social Media Kampagnen. Dabei ist mittlerweile offenkundig, dass man selbst mit einem üppigen Budget nur noch einen Bruchteil seiner Abonnenten erreicht und und es immer schwerer wird, sich im Newsfeed von der Masse abzuheben. Aus meiner Sicht muss der Publisher sich wieder mehr mit seiner Audience auseinandersetzen und versuchen, sie ohne Drittplattform auf sich aufmerksam zu machen. Wenn der Publisher merkt, dass er auch andere Möglichkeiten hat, seine User effizienter zu erreichen, dann findet ganz automatisch ein Budget-Shift hin zu Instant-Marketing Tools und guter SaaS Technologie, wie ioPUSH, statt.

3. Wenn du dir einmal deine potentiellen Kunden vor Augen führst, bei welchen musst du am meisten Erklärungs- und Überzeugungsarbeit leisten? Eher bei den alteingesessenen Medienunternehmen, weil dort die Offenheit für neue Trends und Technologien noch nicht so stark vorhanden ist, oder sind Pure-Online Player ähnlich schwer zu überzeugen?

Ich würde sagen, dass die genannten Kundengruppen eine eigenständige Herangehensweise und ein anderes Mindset fordern. Die reinen Online-Player haben ihr Business verstanden und meistens absolut im Griff. Da kommt man zum Termin und merkt, dass sie sich mit deinem Thema schon auseinandergesetzt haben, recherchiert haben und manchmal sogar schon Anbieter verglichen haben. Der Einstieg in ein Gespräch ist da auf einem sehr hohen Niveau. Bei den alteingesessenen Medienunternehmen ist es oft etwas anders. Da kommt man in eine riesige Struktur rein, in der viele kleine und große Zahnrädchen ineinandergreifen. Der Weg zu Innovationen ist hier häufig länger. Dafür sind die Ansprechpartner sehr offen und dankbar für Impulse von außen, die wir in diesem Fall ja mitbringen. Ich würde also sagen, dass beide Kundengruppen auf ihre Weise überzeugt werden möchten. Ob die spätere Umsetzung zügig und unkompliziert abläuft, ist dann eher eine Frage der Prioritäten und der Skills des Projektleiters.

4. Tendenziell würde ich behaupten, dass euer Tool besonders Special-Interest-Publisher anspricht, da der User hier Push-Nachrichten zu einem ganz speziellen, ihn interessierenden Thema anfordert. Würdest du dem zustimmen? Oder können auch General-Interest-Publisher euer Tool gut nutzen, ohne den Leser zu nerven?

Unsere Kunden beweisen, dass beide Modelle funktionieren. Bei Special Interest Publishern bietet es sich natürlich an, den nativen Content-Feed zu hinterlegen. Bei General-Interest-Publishern ist die Frequenz, in der publiziert wird, meist um ein Vielfaches höher. Hier ist es sinnvoll einen speziellen Content Feed anzulegen oder nur bestimmte Artikel per Kampagnenmanagement-Tool zu pushen. Es geht ja darum, User zu wiederkehrenden Usern zu machen, das funktioniert sowohl bei Fachthemen, als auch bei generischeren Inhalten. Special Interest Publisher haben etwas begrenztere Möglichkeiten, ihren Content zu streuen, dafür haben General Interest Publisher mit viel Konkurrenz zu kämpfen und mit Usern, die über die Google-Suche zu einer bestimmten News auf ihre Seite kommen. Beide haben ein Interesse daran, sich ihre eigene Audience aufzubauen, um die User dauerhaft an sich zu binden und bei all dem Angebot an Content im Web wahrgenommen und bevorzugt konsumiert zu werden.

5. Kann man heute schon sagen, wie viele der Unique User einer Website offen für die Nutzung eines Push-Nachrichtendienstes sind und welche Reichweiten sich so aufbauen lassen?

Das kommt ein bisschen auf die Seite sowie die Affinität und die Menge der Nutzer an. Im Schnitt werden aus 0,15% des täglichen Traffics Subscriber. Das sind bei größeren Publishern zwischen 10.000 und 20.000 Subscribern pro Monat.

6. Zumeist sind Push-Nachrichten ja werbefinanziert. Kannst du sagen, welche TKPs erzielt werden oder auch konkrete Umsatzzahlen nennen?

Dass Push-Nachrichten werbefinanziert sind, lässt sich nicht pauschalisieren. Die Preise für Push Nachrichten sind geringer als zum Beispiel die Preise für Social Media Marketing. Da sind mit wenigen Kampagnen die Kosten wieder reingeholt. Allerdings entscheiden sich viele unserer Kunden, zumindest am Anfang, gegen die werbliche Nutzung von Push Nachrichten. Das hat verschiedene Gründe: erst einmal handelt es sich um eine neue Technologie, an die sich der User gewöhnen muss. Webseitenbetreiber möchten zu Beginn ausloten, wie häufig die Audience überhaupt Push-Benachrichtigungen erhalten möchte und welcher Content sich am besten dafür eignet. Außerdem ist die Sorge weit verbreitet, dass man gewonnene Abonnenten sofort wieder verlieren könnte, wenn sie mit ungewollter Werbung penetriert werden. Allerdings wurden die Kampagnen, die wir bisher mit Kunden ausprobiert haben, sehr gut angenommen. TKPs können hier bis zu 10 EUR hoch sein, weil das Werbemittel in real-time, ad-blocker-unabhängig und mit einer 98%-igen Sichtbarkeitsgarantie ausgeliefert wird. Es ist dadurch dementsprechend hochwertig und begehrt. 20% der Subscriber klicken darauf, das sind Werte, die selbst gute Newsletterkampagnen nicht erreichen, von Display-Ads mal ganz abgesehen. Geht man davon aus, dass man an eine Basis von 50.000 Abonnenten jeweils 3 werbliche Push Nachrichten am Tag aussendet, bei einem TKP von lediglich 2 EUR, liegt man bereits bei einem Umsatz von 9.000EUR/Monat. Und das ist eine sekundäre Einnahmequelle. Die eigentliche Rentabilisierung der Software erfolgt durch die Steigerung des Traffics und durch die wiederkehrenden User auf der Website. Die Werbemittel, die dort auf der Seite angezeigt werden, erreichen somit auch höhere Viewrates.

7. Laura, nach einigen Jahren in Paris und London hast du dir ein tiefes Verständnis für Medienunternehmen europaweit erarbeitet. Was hat deiner Meinung nach dazu geführt, dass die europäischen Medienunternehmen den großen amerikanischen Digitalplayern zum Teil deutlich hinterherhinken?

Das ist eine sehr interessante Frage, die nicht nur mich, sondern wahrscheinlich viele Entscheider aus europäischen Medienunternehmen umtreibt. Aus meiner Sicht unterscheiden sich der europäische und der amerikanische Markt in mehreren Punkten. Zum einen sind die juristischen Hürden in Europa deutlich größer, hierzulande wird viel mehr reglementiert und damit natürlich der Fortschritt auch limitiert. Für den User bietet das natürlich mehr Sicherheit, die auch im digitalen Zeitalter enorm wichtig ist, daher ist das ein zweischneidiges Schwert. Der amerikanische Medienmarkt ist hingegen dafür bekannt, besonders innovativ zu sein. Das hängt auch mit der Unternehmenskultur der Digital Player zusammen. Nehmen wir Google als Beispiel. Hier bekommen Mitarbeiter eine „Scheiter-Prämie“, werden also dafür honoriert, dass sie etwas Neues versucht haben, auch wenn es nicht zum Erfolg geführt hat. Und wie wir alle wissen, entstehen viele gute Ideen aus zuvor gescheiterten. In den USA haben sich außerdem schon vor Jahrzehnten Hotspots entwickelt, an denen sich Medien- und Digitalunternehmen ansiedeln. Schaut man sich alleine die derzeitige Top10 der Medienunternehmen weltweit nach Umsatz an, so sitzen 8 von 10 Unternehmen in den USA, davon 7 entweder im Silicon Valley oder in New York. In diesen Epizentren sind die besten kreativen Köpfe verfügbar und letztlich hängt Erfolg und Fortschritt immer an den handelnden Personen. Ich finde in Deutschland sind wir auch auf einem guten Weg, solche Hotspots zu etablieren. München ist beispielsweise hier sehr weit vorne, aber natürlich auch Berlin. Was hier in Europa allerdings noch fehlt, ist ein risikobereiteres Unternehmertum und Finanzwesen. Ehemalige Startups wie Facebook, Uber oder Airbnb wären nie so schnell so erfolgreich geworden, wenn Venture Capitalists nicht bereit gewesen wären, sehr viel Risikokapital zu investieren. Diese Investmentkultur keimt in Europa gerade erst auf. Die Deutschen sind aber hier noch besonders vorsichtig, oftmals braucht es erst drei Success Cases bevor Kapitalgeber bereit sind, in ein gänzlich neues Thema zu investieren. Ein weiterer Faktor sind Synergiepotentiale, die meiner Meinung nach in den USA hervorragend genutzt werden. Unternehmen wie Comcast oder Alphabet kaufen ständig Startups und Spezialanbieter auf, um Technologien sinnvoll weiterzuentwickeln. Dadurch eröffnen sie neue Märkte, anstatt sich zu lange auf bestehenden Märkten aufzuhalten und träge zu werden. Zu guter Letzt darf man aber auch nicht vergessen, was für eine entscheidende Rolle die amerikanische Film- und Fernsehindustrie spielt. Sie ist das Herz der amerikanischen Medienbranche und macht es US-Medienunternehmen natürlich leichter, sich auf dem Weltmarkt zu behaupten.

8. Was ist deiner Meinung nach The Next Big Thing? Wo sollten Publisher auf jeden Fall investieren und wo auf gar keinen Fall?

Für mich gibt es zurzeit drei große Themen. Eines davon verfolge ich mit IOSIS, nämlich die Emanzipation von Drittplattformen wie Facebook und Co. In meinen Augen müssen Publisher darauf hinarbeiten, sich ihre eigene Audience aufzubauen und an sich zu binden. „Owned Audience“ ist ein echtes Buzzword hier, doch mit Blick auf sinkende Reichweite auf Facebook und sinkende TKPs bei Google braucht es Alternativen und Push-Technologien werden dabei immer wichtiger. Damit lassen sich Budgets nachhaltig schonen und organische Reichweite auf den eigenen Kanälen erzielen, ohne Abhängigkeit von der willkürlichen Umstellung von Algorithmen. Dann finde ich das Thema AI wahnsinnig spannend. Chatbots auf Websiten oder Sprachassistenten wie Alexa sind dabei, in die Mitte der Gesellschaft zu drängen. Bis 2020 haben voraussichtlich 80% aller Firmen irgendeine Chatbot Automation in ihre Prozesse eingebunden. Chatbot Marketing wird in diesem Zeitraum um circa 35% wachsen. Das sind Zahlen aus unterschiedlichen Studien von marketsandmarkets und Business Insider. Chatbots werden immer wichtiger und damit auch AI. Ein weiteres, heißes Thema, das mich zurzeit eher privat umtreibt, sind Blockchains und Crypto-Währungen. Ein Konzept ist dabei für Publisher und Advertiser besonders interessant, auch wenn es noch in den Kinderschuhen steckt: Papyrus. Es ist ein ganzheitliches System, bei dem User, Publisher und Advertiser auf Augenhöhe mit einander kommunizieren. Der User bestimmt über ein Backend selbst, welche Werbung er sehen möchte und kann somit direkt Einfluss auf den Ad-Prozess nehmen. Wenn das Konzept von Papyrus funktioniert, bietet es für Publisher und Advertiser enorme Vorteile. Keiner der beiden läuft Gefahr, von Ad-Blockern ausgebremst zu werden, weil der User ja bestimmte Werbeinhalte zulässt. Ads können damit viel gezielter geschaltet werden und das Interesse des Users ist deutlich höher, sodass auch View- und Klickrates steigen. Das eingesetzte Werbebudget wird effizienter verwendet und man braucht auch einfach weniger Geld, um die richtige Zielgruppe zu erreichen. „Programmatic Advertisement“ ist ebenfalls Bestandteil des Papyrus-Konzepts. Werbung wird also vollautomatisch und in Echtzeit und ganz individuell an User übermittelt. Papyrus basiert auf der Blockchain-Technologie, macht also Manipulation nahezu unmöglich. Die Betreiber behaupten, sie bekämpfen so schlechte Ads, hohe Transaktionskosten, mangelnde Transparenz, unzuverlässiges Targeting, undurchsichtiger Datenschutz und Fraud, der oft bis zu 70% des Online Traffics ausmacht, für den Advertiser zahlen. Die Idee ist auf jeden Fall wahnsinnig spannend und wird mich wahrscheinlich noch eine ganze Weile beschäftigen.

9. Ähnlich wie bei den großen Medienunternehmen, haben Technologieanbieter wie ihr bei IOSIS es nicht ganz einfach, wenn es um das Recruitung von Digitalexperten geht. Wie geht ihr damit um? Baut ihr euer Know-How intern auf?

Digitalexperten sind in der Tat schwer zu finden und gleichzeitig gibt es mehr und mehr davon mit den Digital Natives, der nächsten Generation, die auf den Arbeitsmarkt drängt. Wir bauen in erster Linie auf ein Netzwerk, das ist oftmals die effizienteste Art und Weise, neue Kollegen zu finden. Gleichzeitig messen wir innerhalb der Covus Gruppe, zu der IOSIS gehört, dem sozialen „Fit“ eine hohe Bedeutung bei. Wir brauchen also nicht nur Genies in ihrem Fach, sie müssen auch noch menschlich zu uns passen. Das ist uns ganz wichtig. Das macht die Personalsuche natürlich doppelt so schwer. Wir haben ein sehr internationales Profil. Selbst in unserem bisher noch relativ kleinen Team wird zu mehr als 50% Englisch gesprochen. Das ist im Tech-Bereich keine Seltenheit. Wer auf der Suche nach guten Mitarbeitern an sprachlichen Barrieren halt macht, ist von gestern. Sobald jemand gutes Englisch spricht, ist er für uns ein ebenso guter Kandidat wie jeder deutsche Muttersprachler und so erweitern wir unsere Möglichkeiten um ein Vielfaches.

10. Ihr sagt von euch selbst, dass ihr „The Most Powerful Push-Notifications Technology“ habt. Woher kommt euer Selbstbewusstsein? Und was differenziert euch von anderen Anbietern?

Wir haben einen simplen Ansatz, der lautet: gute, verlässliche und kreative Technologien zu bauen. Darauf konzentrieren wir uns. Schon ein paar mal wurde ich gefragt, ob wir nicht auch Advertiser mit an den Tisch bringen könnten um somit auch direkt als Demand Side Platform zu fungieren. Aber wir sind Techies und lieber tun wir eine Sache exzellent, als viele mittelmäßig. Gleichzeitig sind wir ein deutsches Unternehmen mit einem deutschen Werteverständnis. Das heißt, wir legen enorm viel Wert auf Sicherheit und Datenschutz. Das findet man so bei amerikanischen Mitbewerbern nicht unbedingt. Wir haben z.B. als einer der wenigen Anbieter Ende-zu-Ende Verschlüsselung über alle Schritte der Push Nachrichten Übermittlung. Wir garantieren, dass die Userdaten ausschließlich dem Webseitenbetreiber gehören. Einige unserer Wettbewerber haben sich dazu entschlossen, diese selbst zu behalten und zu vermarkten. Daneben, haben wir Funktionalitäten in unseren Push-Notifications, die unsere Konkurrenz einfach nicht hat, z.B. Image Push, bei dem man ein JPEG statt der vorgefertigten Bild-Text-Push Nachricht senden kann. Wir bieten in Kürze Geo Push an, bei dem man eine Location als Push Nachricht verschicken kann, die der User dann direkt mit Google Maps für die Navigation zu diesem Ort nutzen kann. Wir überlegen ständig, wie wir kreative, coole und hilfreiche Tools und Features für Publisher und User bauen können. Das macht unheimlich viel Spaß, und wenn man Freude an etwas hat, wird es meistens auch überdurchschnittlich gut.