Lieber Alexander, herzlich willkommen zum Publisher Talk der Publisher Business Conference! Wie geht es dem stellvertretenden Chefredakteur der Hamburger MOPO?

Gut mit einer Mischung aus Stolz auf die jüngsten Erfolge des MOPO-Teams und Spannung vor den nächsten Schritten.

2) Die Zeiten sind stürmisch! Neben den permanenten Veränderungen, die die Digitalisierung euren Geschäftsmodells mit sich bringt, wird öffentlich (und sicher auch intern) immer wieder über einen Verkauf und damit die Zukunft des Verlages spekuliert. Wie viel Energie verliert wegen solcher „Nebenkriegsschauplätze“ und wie schaffst du es, im Team eine positive Stimmung zu halten?

Ich bin sehr froh, dass wir es bis heute geschafft haben, unsere Strategie in Hamburg weitgehend selbst zu entwickeln und ungebremst umzusetzen. Wir kommen gut voran und verharren nicht in Ungewissheit – genau das zeigt den Kolleginnen und Kollegen, dass wir unsere Zukunft selbst und erfolgreich gestalten können. Sehr motivierend.

Alexander Krug - Leiter Digitales und stellv. Chefredakteur MOPO

3) Du bist jetzt etwa ein Jahr an Bord. Magst du ein erstes Fazit ziehen? Was hat gut funktioniert, was hast du dir einfacher vorgestellt und welche positiven Überraschungen gab es?

Der Umbau der Redaktion funktioniert. Bei allen Schwierigkeiten schaffen wir die Modernisierung oder sind auf dem besten Weg: Content-Produktion, Team-Struktur, Zielgruppen-Definition, Monetarisierung und so weiter.

4) Lange Jahre warst du ja für die zum Springer Verlag gehörende Computerbild tätig. Springer gilt hierzulande vielen als Vorzeigeverlag, wenn es um die Digitalisierung geht. Lassen sich Maßnahmen von einem Special Interest Titel aus dem Großverlag in die Arbeit eines regionalen Tageszeitungsverlages übertragen?

Axel Springer hat in einigen Bereichen der Transformation mehrere Jahre Vorsprung und verfügt über erstklassige Ressourcen für die Digitalisierung. Von den Erfahrungen in den Bereichen der Content-Entwicklung, Monetarisierung oder auch Personalstrategie profitiere ich heute besonders – denn da sind die Unterschiede zwischen News, Sport und special interest nebensächlich.

5) Google und Facebook buhlen vermehrt auch um kleine regionale Werbekunden. Hat das Einfluss auf die Arbeit der Redaktion? Bekommt beispielsweise jemand wie die Hamburger Sparkasse ein maßgeschneidertes Umfeld? Stichwort Advertorial.

Facebook und Google bringen uns einerseits zusätzliche Reichweite, torpedieren aber ein Stück weit auch die Entwicklung eines wirtschaftlichen Journalismus in der digitalen Welt. Das zwingt Redaktionen wie unsere zu einer neuen Effizienz einerseits und klarer KPI-Orientierung. Andererseits können glaubwürdige und etablierte News-Marken wie MOPO von Fake-News-Tendenzen im (Social) Netz profitieren. Die lokale Vermarktung nutzt individuelle und nativ eingebettete Kreativ-Konzepte sehr erfolgreich. Ja, wir gewinnen vor allem durch gute Ideen statt Standards.

6) Wo wir gerade bei den großen Amerikanern sind. Wie steuerst du, dass euer Content immer attraktiv für Google &Co. ist und wieviel Arbeit steckt ihr in Thema wie bspw. SEO?

Dem Aufbereiten für Google wird künftig noch mehr Zeit eingeräumt. Unsere strategischen Maßnahmen drehen sich zwar sehr intensiv um schnellen, hochwertigen und noch breiter gefächerten Content als bisher – Menge und Qualität sind auf Basis unserer Content-Pyramide da kein Widerspruch. Wir forcieren aber ebenso den Aufbau von knowhow und Strukturen für Suche- und Social-optimierte Inhalte und der entsprechenden Planung. Dennoch: Republizieren, clickbait-Zeilen, Redundanzen oder Verlinken ohne ausreichenden inhaltlichen Anlass bzw. Zusammenhang, wird es auch künftig nicht geben. Denn wir setzen uns zunehmend mit dem Konvertieren der fly-by-Besucher in returning User“ auseinander; loyale Stammnutzer sind am Ende immer die bessere Währung als Google-News-Klicks.

7) Neben der klassischen Reichweitenvermarktung spielen digitale Abos mittlerweile im Markt eine große Rolle. Wie bewertest du das Thema und wie wird sich die MOPO hier produktseitig positionieren?

Wir sind auf einem exzellenten Weg, mit unserem sehr aktuellen, hochwertigen und gut gemischten Themenangebot eine steigende Nutzerzahl zu erreichen. Der Reichweitenzuwachs kann zu einem späteren Zeitpunkt eine bessere Basis als heute sein, paid-Content-Angebote und -Zielgruppen zu definieren. Aktuell sind die Zuwächse bei der skalierenden Reichweitenvermarktung im Fokus.

8) Im Rahmen Publisher Business Conference 2019 hat Ex-Kanzlerkandidat und Ex-SPD Vorsitzender Martin Schulz allgemein davon gesprochen, dass in den letzten Jahren wirtschaftlicher Druck zu häufig an Journalisten weitergegeben wurde und die Qualität des Journalismus darunter gelitten hat. Wie siehst du diese Thematik generell und schaffst du es, die Qualität bei euch im Hause hoch zu halten?

Im Grundsatz ist das korrekt und betrifft alle Publisher – sogar öffentlich rechtliche Medien. Dennoch gibt es auch gegenläufige Tendenzen zum Beispiel durch die Abgrenzung zu Fake-News, Content-Marketing und die Diversität der Informationsmedien. Wir fördern heute wieder stärker exklusive Inhalte, Themen-Hinweise von extern sowie ein eigenes/unabhängiges Agenda-Setting – und gleichzeitig beschäftigen wir uns damit, wie wir solche Inhalte in Teilen effizienter und vielfältiger als bislang erstellen können. Das ist möglich.

9) Politiker kommunizieren mittlerweile intensiv über Social Media und erreichen den Wähler direkt. Stichwort Donald Trump. Welche Veränderungen in der Zusammenarbeit mit Politikern nimmst wahr? Im Hamburger Rathaus ist man sicher immer noch sehr um positive Berichterstattung bemüht, oder?

Wir nutzen den Mitteilungsdrang der Politiker und Prominenten. Der enge Draht und exklusive Interviews sind weiterhin wichtig, aber nicht immer nötig im digitalen Publishing. Und wir sind wieder zunehmend attraktiv für Wahlkämpfer & Co., da man über MOPO und mopo.de so viele Hamburger und Norddeutsche auf einen Schlag erreicht, wie noch nie. Das spricht sich rum.

10) Zum Abschluss: Wenn du drei Wünsche bezogen auf deine Aufgabe bei der MOPO frei hättest, welche wären das? 

Wenn wir für den Umbau der HAMBURGER MORGENPOST den Mut und die Zuversicht der letzten Monate behalten, unseren Weg in die Digitalisierung weiter tagtäglich konsequent beschreiten und dabei attraktiver denn je für (neue) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden, läuft alles richtig. Genau das gelingt uns heute besser als noch vor einem Jahr. Mein Wunsch ist schlicht, dass wir unserer umfassenden Strategie treu bleiben und das „neu-Erfinden“ der 70 Jahre alten MOPO reizvoller als die sogenannte Komfortzone ist.